Sprießen unter schwierigen Bedingungen

1994 0 0

"Erst in zwei Jahren?", rief Sillana entgeistert aus. "Warum denn das?"

"Weil die Plätze wohl schon voll sind." Gavín zeigte ihr die Schriftrolle. "Und ich habe ihr Versprechen, mich aufzunehmen, wenn ich die dreißig Golddeut bringe."

"Dreißig Golddeut sind eine Menge Geld, Gav." Sillana verzog zweifelnd das Gesicht. "Weißt du denn, wie du an dieses Geld kommen willst?"

"Durch Arbeit. So wie du."

"Ja, ich habe im Tempel gearbeitet, ich hatte mehr Möglichkeiten." Sie seufzte und schaute ihre Mutter an. "Und du stimmst einfach zu?"

"Einfach nicht. Aber wenn Gavín es wünscht, werde ich ihn unterstützen, wie dich auch.", sprach Freyrín bestimmt. "Und wenn es bedeutet, auch ihn loszulassen und wieder alleine durch das Land zu ziehen, dann sei es so."

Sillana seufzte, ihre roten Locken sprangen ihr vorwitzig ins Gesicht. "Du müsstest hart arbeiten, weißt du? Hast du schon eine Idee?"

"Ich dachte, ich versuche es zuerst in Dorstein." Gavín hob eine Schulter. "Ehrlich gesagt, erscheint mir die große Stadt als sicher genug für Arbeit. Oder ich frage Trogh in Nimri."

"Arbeit wirst du mehr als genug haben, sei es bei Trogh oder in Dorstein.", schaltete sich seine Mutter wieder ein. "Wir werden morgen früh aufbrechen. Ich begleite dich noch nach Nimri. Und wir werden heute zusammen essen."

"Das bestimmst du einfach so?" Sillana legte den Kopf schief.

"Ja." Freyrín klatschte in die Hände. "Ich koche und wir treffen uns vor der Stadtmauer an unserem Wagen! Wie in alten Zeiten."

Sillana verzog etwas das Gesicht, dann gab sie sich geschlagen. "Na gut, aber ich bleibe nicht über Nacht!"

 

~~

 

"Hmpf.", machte Trogh hinter seinem buschigen Bart, musterte Gavín. "Ich vermute, du willst für Geld arbeiten und nicht nur aus reiner Freundlichkeit?"

"Ja, Meister, wenn Ihr es mir gestattet."

"Trogh reicht völlig.", brummte der riesige Schmied, fuhr sich nachdenklich durch die langen Haare. "Ich kann dich nicht als Schmied einstellen, Junge. Nicht lange jedenfalls, höchstens für zwei Monate, wenn du mir bei den Aufträgen der Stadt hilfst."

"Ja, werde ich machen. Aber warum nur zwei Monate?"

"Weil meine Schmiede für die anderen Aufträge nicht ausgelegt ist. Ich kann hier keine langen Stahlträger gießen oder größere Werkstücke als einen Brustpanzer. Ich bin auch allein und ich kann nicht so viele Aufträge gleichzeitig abarbeiten wie andere Schmiedewerkstätten." Er schnaubte. "Immer noch interessiert?"

"Ja, auf jeden Fall. Lehrt mich, was immer Ihr mich lehren könnt in der kurzen Zeit."

"Nur, wenn du mit diesem erhabenen Getue aufhörst."

"Aber Ihr... du bist doch mein Meister."

"Nein, denn du bist nicht mein Geselle." Trogh erhob sich von seinem Schemel. "Nun denn, dann hol mal Kohle, wir haben eine Menge Eisen zu schmelzen in den nächsten Wochen."

Einhundertsiebzig Tage später - zehn Tage mehr als eigentlich geplant - verließ Gavín Nimri. Zwischenzeitlich hatte er seine Mutter wiedergesehen und war mehrere Male mit seinem Vater zu Abend essen, aber ansonsten vergingen die zwei Monate und zehn Tage wie im Flug.

Kohle schippen war dabei noch die einfachste Tätigkeit. Saubermachen und mit Trogh im Wechsel auf Eisen hämmern hatte dafür gesorgt, dass seine Muskeln etwas gewachsen waren und sein Rücken gestärkt.

Zwei der Golddeut hatte er erwirtschaften können nach Abzug aller Kosten. Das war nicht viel, aber ein Anfang, besonders für die Menge an Geld. Außerdem besaß er noch einige Kupferdeut und drei der schweren Silberdeut. Unter dem Kupfer gab es noch das Eisendeut, aber das war meistens nur in Bruchstücken zu erhalten.

Nun war er auf dem Weg nach Dorstein, wie er es seiner Mutter gesagt hatte. Patrouillen traf er ein paar, beantwortete ihre Fragen und einigen half er mit Kräutern für den Tee oder bereitete ihnen wundlindernde Salben zu aus den wenigen Vorräten, die er hatte. In Dorstein würde er sie teilweise wieder auffüllen können.

Am Morgen des ersten Wintertages - 14. Kveldril des Monats Goldene Flügel - stand er durchgefroren vor den Mauern von Dorstein, weißer Atem stand ihm vor dem Gesicht und er verfluchte sich dafür, keine Handschuhe eingepackt zu haben. Er brauchte dringend Arbeit, aber zuerst etwas Heißes zu essen, etwas zu trinken und vielleicht eine Schlafstatt.

Als die Sonne aufging, ihre bleichen Strahlen über die gefrorenen Halme schickte und das Weiß des Reifs zum Glitzern brachte, öffnete sich auch knirschend das Tor und die Zugbrücke wurde heruntergelassen. Von den  dicken Ketten sprangen Eiskristalle ab und die massive Brücke aus Holz, Stein und Eisen dröhnte auf die Plattform, wo sie in den Boden und die Straße überging. 

Vier Wachen in Rüstung und dicken Mänteln trugen zwei noch nicht entzündete Feuerkörbe über die Brücke, die sich über den teilweise zugefrorenen Fluss spannte. Die dunkelblauen Wasser flossen gemächlich dahin und waren sicher so kalt, dass man sich sehr schnell erkältete, vom sicheren Tod durch erfrieren und ertrinken mal abgesehen.

"Ein Druide so früh?", wunderte sich einer der Männer, als er Gavín und seine Kleidung erblickte.

"S-S-Schüler.", brachte Gavín zähneklappernd hervor. "B-B-B-braucht ihr etwas von mir?"

"Nein, aber unser Kommandant.", sprach der kleinste Mann der vier. "Dort könnt Ihr Euch auch aufwärmen. Geht einfach durch das Tor und dann links, bis Ihr zum Eisernen Wächter kommt, das ist unsere Taverne. Das Büro das Kommandanten ist gegenüber."

"Das hab ich schon einmal gesehen.", nickte Gavín. Der Anfang der Garnison. Passend. "Habt Dank und einen ruhigen Dienst."

Die Wachen bedankten sich und entzündeten etwas umständlich die Feuerkörbe. Gavín blieb nicht, sondern machte sich auf den Weg zur Taverne und dann zum Kommandanten. Er klopfte an die Tür und hörte nur etwas grummeln, also klopfte er erneut, diesmal energischer.

Ein zerzaust ausschauender Mann in einer dicken Decke schaute mürrisch aus der wütend aufgerissenen Tür. "Was ist?", fauchte er Gavín an, der nur eine Augenbraue hob und sich davon nicht aus der Ruhe bringen ließ. "Wir kaufen nichts!"

"Ich will auch nichts verkaufen." Gav neigte leicht den Kopf. "Gavín, Druidenschüler. Eure Brückenwachen sagten, Ihr bräuchtet druidische Hilfe."

"Ein Schüler?", grummelte der Mann, fuhr sich über die verschlafenen Augen, griff neben sich und drückte Gavín eine der schweren Silberdeut in die Hand. "Geht rüber, holt Euch etwas zum Frühstück, Ihr seht durchgefroren aus. Ich komme rüber."

Gavín merkte das erste Mal, was es hieß, ein Druide zu sein. Seine Mutter war normalerweise immer diejenige, welche mit Respekt behandelt wurde. Der Kommandant war direkt ein anderer oder zumindest hatte er sein Verhalten geändert.

Der junge Druide wandte sich ab, ging über die noch recht glatte Straße und klopfte an die Tür der Taverne. Diese wurde nach wenigen Augenblicken geöffnet, eine etwas ältere Frau stand im Eingang mit einer Schürze bekleidet und schaute ihn irritiert an.

"Etwas früh, oder?", fragte sie unter dichten Augenbrauen, welche graue Augen schützten. "Du bist kein Bettler, Junge, oder? Siehst nicht aus wie einer, oder?"

Gavín ging diese "Oder?"-Fragerei sofort auf die Nerven.

"Nein, nein und nein.", erwiderte er rasch. "Druidenschüler, der Kommandant schickt mich für ein sehr frühes Frühstück."

"Ah, Sava?" Die Frau legte sofort diese seltsame Fragerei ab. "Nun, komm herein. Ich habe noch nicht viel da, aber ich kann dir etwas Suppe von gestern aufwärmen, dazu Eier und etwas Graubrot?"

"Hört sich großartig an. Habt Ihr Tee?"

"Ah, nenn mich Inga.", winkte die Frau ab und ließ ihn herein. Die Stube war schon leicht angewärmt, das Feuer im Kamin heruntergebrannt, aber aus der Küche wehte ein sanfter, warmer Geruch herüber. "Darf es Met, Bier, Ale, Wasser, Tee, Kaffee oder Schokolade sein?"

"Was auch immer ich für einen Silberdeut bekommen kann." Er hob die Münze hoch und reichte sie Inga. Diese nickte, steckte das Geldstück in ihre Schürze.

"Eine heiße Schokolade und etwas Ale zum nachspülen.", bestimmte sie und Gavín fand diese Idee großartig. Er hatte schon ewig keine heiße Schokolade mehr gehabt.

Er setzte sich in die Ecke an einen der wenigen runden Tische, streckte die Beine aus und klopfte sich den Frost aus den Haaren. Er wollte nicht allzu viel Wasser in den Haaren haben. Eine Erkältung wäre ungünstig.

Langsam hörten seine Gliedmaßen auch auf zu schlottern. Ihm war immer noch kalt, aber wenigstens kehrte das Gefühl wieder zurück. Es tat sogar ein bisschen an den Zehen war. Das war dumm gewesen, sich nicht auf den Winter vorzubereiten. Mutter hatte immer dafür gesorgt. Auch, dass ihre Beutel immer voll waren. Er hatte ihr nur zugearbeitet und das geholt, was sie aufgetragen hatte.

Irgendwie fühlte er sich dumm. Und sehr allein. Aber er hatte es so gewollt. Freyrín würde ihn freudestrahlend empfangen, wenn er den ihm gezeigten Weg zum vollwertigen Druiden wieder aufnehmen würde, aber zeigte es dann nicht auch seine Wankelmütigkeit?

Nein, er wollte das durchziehen, ein bisschen Kälte und ein paar Fehler würden ihn nicht davon abhalten!

Zumindest gegen die Kälte konnte er etwas unternehmen und diese Gegenmaßnahmen tauchten auf in Form von heißer Schokolade und leicht angewärmten Ale - wer tat denn so etwas? - in einer Tasse und einem Krug vor ihm auf.

"Dein Essen kommt gleich, die Eier müssen noch kochen.", beruhigte ihn Inga mit einem Augenzwinkern. Gavín winkte nur ab, griff nach der Tasse und verbrannte sich die klammen Finger. Sie lachte. "Vorsichtig, junger Druide, es ist heiß."

"Habe ich gemerkt.", grummelte Gavín. "Muss ich wohl warten. Aber es riecht so gut."

"Das tut es wohl. Wir sind recht froh darum, dass wir durch die Nähe zum Militär doch ein paar edlere Vorräte bekommen."

"Ist das so?"

"Ja." Inga schaute sich um, als der mürrische Kommandant eintraf, einen dicken Mantel über seiner Uniform, trotz der wenigen Meter über die Straße. "Kommandant Lorsch hier hat dafür gesorgt, dass zumindest die Taverne für seine Männer ein guter Ort ist, wenn es der Rest der Stadt deutlich schwerer hat. Zumindest in Bezug auf Schokolade. Nicht wahr, Lorschi?"

"Ich habe dir gesagt, du sollst mich nicht so nennen.", grummelte der Mann unwirsch, schnupperte. "Ein heißes Bier mit Ei, ich glaube, ich werde krank."

"Kommt sofort, mein Schatz." Inga eilte davon, der Mann ließ sich vor Gavín auf den Stuhl fallen, der laut knarrend protestierte.

"Für einen Druiden seht Ihr noch recht jung aus, Master...?", begann er und schaute ihn aus dunkelgrauen Augen forschend an.

"Druidenschüler.", verbesserte Gavín erneut. "Die Druidin Freyrín ist meine Lehrerin, ich stehe aber kurz vor der Weihe zum Druiden. Und mein Name ist Gavín, Kommandant Lorsch."

"Gut, gut. Immerhin besser als jemand, der mir nur Lotionen verkaufen will."

"Könnte ich genauso gut, aber meine Lotionen würden wohl eher wirken.", schmunzelte Gavín und konnte endlich einen Schluck von der heißen Schokolade nehmen, die sich sofort daran machte, seinen Körper von innen zu wärmen. Lorsch ließ etwas vernehmen, was irgendwo zwischen einem Lachen und einem skeptischen Schnauben lag.

"Aber deswegen seid Ihr nicht hier, nicht wahr?" Gavín schaute auf, als er den Mann ansprach. "Eure Männer sagten, Ihr bräuchtet einen Druiden und es wäre kein Mittel gegen Hühneraugen, nicht wahr, sonst würde der Kommandant der Garnison sich nicht mit mir befassen."

"Nein." Lorsch rollte mit den Augen, was sehr aggressiv und wütend ausschaute. "Wir haben mehrere Fälle eines Ausschlags, der mit einem starken, fast kaum zu kontrollierendem Husten einhergeht. Den Ausschlag bekommen die Ärzte hier in der Stadt unter Kontrolle, aber dieser verdammte Husten will einfach nicht verschwinden."

"Wie äußert sich der Husten? Schleimig, trocken, mit Auswurf, periodisch?"

"Er ist dauernd da und meistens trocken, wenn ich es richtig in Erinnerung habe."

"Habt Ihr gerade Fälle, die ich mir anschauen könnte?"

"Im Hospiz haben wir noch ein paar von ihnen."

"Sind bereits Soldaten an diesem Husten gestorben?"

"Ja, zwei. Einer konnte nicht mehr aufhören zu husten, bekam dadurch keine Luft und erstickte. Der andere war zu dumm, sein Gleichgewicht zu wahren und fiel von der Mauer."

"Aua."

"Ja. - Also, könnt Ihr uns helfen?"

"Ich kann mir die Patienten gerne anschauen, aber aus dem Kopf würden mir da ein Haufen an Ursachen einfallen und nicht jede ist gleich zu behandeln."

"Das war mir klar. Wie ein Geschwür?"

"So ähnlich.", nickte Gavín, obwohl es nicht das Gleiche war, nicht einmal annährend.

Inga brachte Gavín sein Frühstück und Kommandant Lorsch sein bestelltes Bier und zwei rohe Eier, die er sich in das dampfende Bier kippte und, ohne mit der Wimper zu zucken, hinunterstürzte.

"Ich erwarte Euch hinter der Garnison.", brummte er und stand auf. "Folgt einfach der Straße nach rechts, das Hospiz werdet Ihr früh genug sehen."

"Ja, Kommandant. Sobald ich aufgegessen habe."

"Hm.", machte der Mann, schloss seinen Mantel und verließ die sich langsam aufwärmende Taverne. Gavín verspeiste genüsslich die heißen Eier, dann den Rest des Mahls, bevor er das Ale hinunterkippte, sich bei Inga bedankte und sich nach einem Abstecher zur Erleichterung auf den Weg machte.

Das Hospiz war schnell gefunden, denn die Straße machte kaum eine Kurve. Außerdem hing eine Schlange auf weißem Grund über der Tür, ein altes medizinisches Zeichen. Druiden glauben, dass das Gift der Schlange dafür genutzt werden kann, auch zu heilen und nicht nur zu vergiften.

"Kommandant?", fragte Gavín in den leeren Eingangsbereich und der Mann trat mit einer grau-weiß gewandten Krankenschwester aus einem Nebenzimmer, aus dem er besagtes Husten hörte.

"Hier, junger Master.", brummte er als Begrüßung. Gavín hatte das Gefühl, dieses brummige Gemüt war normal bei ihm. Er reichte Gavín ein mit Essig getränktes Tuch, durch das er atmen konnte, ohne sich anzustecken.

Auf den vier Betten lag nur ein Patient, ein muskulöser Mann mittleren Alters, der sich die Seele aus dem Leib hustete. Seine Augen waren blutunterlaufen, Adern traten an seiner Stirn hervor und er krampfte, klarer Schleim floss über seine Lippen in mehrere Tücher, die dort als Auffanghilfe lagen.

"Wie lange ist er schon so?", fragte Gavín durch das Tuch und versuchte den Essiggeruch zu ignorieren.

"Zwei Wochen etwa."

"Hm, zwanzig Tage also."

Gavín hörte genauer hin, schaute sich die Augen, den Schleim und die Lippen des Mannes an, bevor er sich die Brust des Mannes anhörte.

"Hm hm.", machte er bestätigend. "Ich habe eine Vermutung."

"Und welche?"

"Draußen, dann kann ich das Tuch loswerden."

Das Trio verließ das Zimmer und Gavín atmete erleichtert aus. "Waren alle Patienten im gleichen Zimmer in der Garnison untergebracht oder auf der gleichen Stube?"

"Ja, warum?" Lorsch hob beide Augenbrauen. "Wartet, Ihr sagt, es hat mit der Stube zu tun? Und was ist der Auslöser?"

"Wenn ich es richtig gehört habe, ist seine Lunge... belegt." Er gab das Tuch an die Krankenschwester zurück. "Heißt, wenn alle Patienten in der gleichen Stube waren, dass etwas in der Stube ist. Und wenn ich seinen Schleim richtig interpretiere, dann ist es wohl ein Pilz, der sich in der Lunge festgesetzt hat. Mit Glutampfer einen Sud bereiten und drei Wochen lang jeden Tag dreimal über dem Sud inhalieren sollte den Pilz abtöten.

Ich kann mir gerne die Stube ansehen, wenn Ihr es wünscht."

"Hm hm, ich denke, einen Pilz werden wir finden.", meinte der Mann nachdenklich. "Sollte nicht schwer zu finden sein."

"Sicher?" Gavín hob eine Schulter. Er fand die Idee nicht sonderlich ansprechend, denn Pilze waren nicht gleich Pilze und sahen nicht immer aus wie der Arendah oder ein gewöhnlicher Pfifferling. "Wie Ihr wünscht. Aber ich versichere Euch, Ihr werdet mich wieder brauchen, wenn ich Euch den Pilz nicht zeige.

Eigentlich wären ständige Besuche meinerseits für mich sehr lukrativ und ich wäre dumm, Euch den Pilz zu zeigen, aber bin ein Druide... Druidenschüler und ich empfinde es als meine Pflicht, Euch dabei zu helfen, die Ursache zu finden und zu entfernen."

Lorsch schaute die Krankenschwester an, die nur zurückblickte. "Das ist Eure Entscheidung, Kommandant. Mir ist keiner dieser Pilze bekannt, aber ich kenne mich in anderen Dingen besser aus."

"Nun gut, dann kommt mit.", brummte der Mann. "Eure Entlohnung soll sich auch lohnen, sowohl für Euch als auch für mich."

Die Stube war eisig, keiner der Soldaten war anwesend, die Feuerstelle kalt, die Betten gemacht. Gavín seufzte und deutete auf mehrere gräulich-schwarze Auswüchse in den Fugen der Backsteine.

"Das da. Das ist der Lungenpilz, von dem ich sprach. Ihr habt es für Moos gehalten, nicht wahr?"

"Totes Moos, ja."

"Dann holt Euch Freiwillige, die sämtliche Fugen freikratzen, bis keine Wurzel dieses Pilzes mehr übrig ist. Je mehr, desto schneller können hier wieder Soldaten wohnen. Und, wenn Ihr alles freigekratzt habt, heizt hier kräftig durch, der Pilz beziehungsweise seine Wurzeln vertragen keine große Hitze.

Lasst die Helfer Tücher vor Mund und Nase tragen, damit sie nicht versehentlich etwas einatmen. Und verbrennt alles, was Ihr aus den Wänden holt. Schaut alle paar Tage mal nach, ob der Pilz wiederkommt. Es kann sein, dass sich irgendwo eine Kolonie gebildet hat und immer wieder ausschlägt."

"Für einen Schüler wisst Ihr viel, junger Master." Der Mann neigte leicht den Kopf. "Habt Dank. Was bekommt Ihr für Eure Mühen?"

"Nun, was ist es Euch wert? Ich habe Jahre meines Lebens damit zugebracht, dieses Wissen zu erlangen und Euch so schnell zu helfen."

"Ich muss davon ausgehen, dass ich sonst viele neue Soldaten hätte in Form bringen müssen..." Er nickte. "Kommt, auf dem Weg zu meiner Stube überlege ich mir was."

"Wie Ihr wollt." Gavín wusste, dass er sich erst einmal einen vernünftigen Mantel kaufen musste, sonst würde er nicht lange in der Stadt überleben. Seine Halbstiefel aus Leder waren noch gut, diese würden noch eine Weile halten. Ihm fehlte zwar noch Wachs, um das Leder geschmeidig zu halten, aber auch das würde sich irgendwie zeigen. Wenigstens hielten sie seine Füße warm die meiste Zeit des Tages.

An dem Büro des Kommandanten angekommen, bat er Gavín hinein und vor einem schmalen Schreibtisch, wo sich der Druidenschüler niederließ. Lorsch bestückte den Ofen mit Holz, welches sogleich entzündet wurde.

"Darf es Tee sein?", fragte der Mann, ohne auch nur eine Alternative zu nennen.

"Bitte."

"Hm hm."

Tassen klapperten, ein Kessel wurde auf den Ofen gestellt, Wasser hineingegossen. Nach dem Duft zu urteilen war es einfacher Kamillentee, was für die Jahreszeit kein schlechter Gedanke war und für Gavín mehr als ausreichend.

"Also." Lorsch setzte sich auf den kaum bequem aussehenden Stuhl des Kommandanten. Die Stube an sich war auch recht klein und bis auf ein paar Bücher und einen Schlafraum hätte es auch einfach nur die Stube eines Schreibers sein können. "Sind schnöder Mammon einem Druiden ausreichend? Sagen wir, für die Mühen und die voraussichtlich vermiedenen Kosten zwei Golddeut oder wonach steht Euch der Sinn?"

"Zwei Golddeut sind mehr als ausreichend, Kommandant.", nickte Gavín. Eigentlich viel zu hoch, aber die Dienste eines Druiden waren eben gefragt. Seine Mutter hätte als ausgelernte Druidin deutlich mehr verlangen können. "Und vielleicht eine Information, wenn Ihr wollt."

"Kommt auf die Information an."

"Seht Ihr, die Menschen werden dauernd krank, aber auch ein Druide muss von etwas leben. Ich bin daher auf der Suche nach Arbeit, bin in Dorstein aber fremd und wüsste nicht, wo ich anfangen soll. Gibt es so etwas wie eine Stube, die Arbeit vermittelt?"

"Nein. Aber..." Lorsch stand auf und bereitete Tee, als es im Kessel anfing zu blubbern. "Könnt Ihr schreiben und lesen?"

"Elbisch, Zwergisch, Wanurim und Menschen.", sprach Gavín. "Altzwergisch noch nicht, aber das hüten die Zwerge wie ihre Juwelen."

"Kommt auf die Juwelen an, hu?", grinste Lorsch, was etwas seltsam mit dem ungepflegten, borstigen Bart ausschaute. "Vergesst es. Die Antwort war also ja, was gut ist."

Er stellte Gavín eine Tasse vor die Nase und sich selbst einen Humpen aus Holz. "Honig? Zucker?"

"Wenn Ihr Honig habt, gerne, aber es ist nicht notwendig für mich."

"Gut, ich habe nämlich keinen." Lorsch ließ sich auf den Stuhl fallen. "Wenn Ihr arbeitswillig seid über längere Zeit und nicht nächste Woche schon etwa gehen wollt, dann kann ich Euch an meinen Schwager verweisen. Er sucht immer Leute, die lesen und schreiben können. Für welche Arbeit genau, kann ich nicht sagen, aber vielleicht fragt Ihr ihn. Theo sein Name, meist anzutreffen im Zum Garstigen Wildschwein nahe des Tempels."

"Oh, die Herberge kenne ich. Dann weiß ich, wo ich ihn finde." Gavín trank bedächtig seinen Tee. "Habt Dank, Kommandant Lorsch." 

"Ich sollte eher Euch danken, Ihr habt uns schon mehr geholfen als die meisten Ärzte der Stadt." Damit griff er unter seinen Schreibtisch und förderte zwei der sattgoldenen Münzen heraus, die er Gavín zuschob. "Können wir Euch aufsuchen, wenn wir Fragen haben oder andere Bedarfe jedweder Art?"

"Wenn ich noch in der Stadt bin, sehr gerne." Gav griff nach den Münzen und ließ sie in seine Geldkatze gleiten. Eine kleine Truhe oder so etwas zur sicheren Aufbewahrung wäre vielleicht auch eine Idee. "Soll ich Theo Grüße ausrichten?"

"Unfug, wir sehen uns eh nachher, er schuldet mir noch zwei Bier."

Gavín grinste und stand auf. "Dann werde ich ihn daran erinnern. Einen schönen Tag, Kommandant." Damit stellte er die Tasse auf den Tisch, wappnete sich gegen die Kälte und trat hinaus. Für einen Golddeut würde er sich jetzt einen Mantel kaufen, verdammt noch eins!

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